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Nov. 2025
Wenn auch nicht Blackberry auf dem Gerät steht, halte ich seit kurzem ein Gerät in Händen, das man sehr leicht mit einem Blackberry Passport verwechseln könnte. Die Rede ist vom Unihertz Titan 2.
Im Sommer 2025 bei Kickstarter angekündigt, habe ich sofort nach dem Lesen der Spezifikationen und des Kickstarter-Preises (ca. 230 Euro) zugeschlagen. Nicht nur einige vom Passport bekannte technische Eigenschaften, wie die Touch-Tastatur, sondern auch einige nette Extras, wie das zweite, kleine Display auf der Rückseite, der üppige Speicher und der Akku, haben es mir angetan. Ein paar kleine Haken gibt es natürlich auch, dazu gleich mehr.
Erst mal dazu, was der Titan 2 bietet: ein quadratisches 4,5 Zoll-Display (1440 x 1440) über der Tastatur, einen MediaTek Octa-Core-Prozessor, 12 GB RAM, 512 GB Speicher, 5G, Dual-SIM, 50 und 8 MP Haupt-Kamera und 32 MP Front-Kamera, NFC, WiFi 6. Dazu einen 5050 mAh-Akku, einen Infrarotport, ein UKW-Radio und ein zweites, kleines Touch-Display auf der Rückseite.
Der Titan 2 läuft mit Android 15, also nicht ganz aktuell. Sehr schön: es ist keine Bloatware enthalten, also Android pur. Der Titan 2 erhält halbwegs regelmäßig Updates und soll bis mindestens Android 17 aktualisiert werden. Das ist bei Android auch anders als bei Apple, auch ältere Android-Versionen erhalten weiter Updates. Bitte jetzt keine Kommentare zu den vielen toten Katzenbäbies wegen nicht regelmäßiger Updates! Da für mich ein Smartphone mehr ein Werkzeug als ein Spiel- oder ‚Souschäl-Midia‘-Gerät ist und ich nicht wild alles anklicke was mit unter den Finger kommt und brav alles aus sicheren Quellen installiere mache ich mir da wenig Gedanken.
Hoffentlich gibt’s bald auch mal ein passendes Custom-ROM, das werde ich mir dann mal ansehen.
Der erste Eindruck beim Auspacken: Hui, schwerer (235 g) und dicker (10,8 mm) als der Passport (196g und 9,3 mm)! Dabei ist es ja gar nicht so viel mehr, liegt wohl daran, dass ich schon Jahre keinen Q10 mehr in der Hand hatte. Das ist aber der Preis für die verbaute Technik und wenn man sieht, wieviel mehr im Titan 2 steckt, dann ist das auch berechtigt. Vielleicht fühlt er sich auch etwas dicker an weil er auch kantiger ist als der Passport, auch in der mitgelieferten Hülle.
Wo wir gerade bei Kompromissen sind, was fehlt dem Titan 2? Er hat keinen SD-Karten-Slot. Fehlt mir persönlich jetzt nicht, mit 512 GB komme ich locker aus, meine Musiksammlung, Fotos, Videos und das verschlüsselte Backup vom PC sind drauf (mit Syncthing gesynced, mehr dazu demnächst hier im Irata Telegraph) und es sind noch mehr als 50% frei.
Was fehlt noch? E-SIM. Ok, wäre nett, aber ich tausche immer wieder mal die SIM mit einem anderen Gerät und da wäre mir eine E-SIM zu umständlich. Also auch abgehakt. Dual-SIM ist aber kein Problem.
Fehlt sonst noch was? Vielleicht ein guter Lautsprecher, der interne hört sich nicht besonders gut an.
Was gibt es als nettes Extra außerhalb des normalen Smartphone-Kosmos? Einmal die Infrarot-Schnittstelle, als Fernbedienung nutzbar oder auch zur Datenübertragung. Ja, grinst Ihr nur. Der Test mit meinem Palm steht noch aus. Ein schönes Nerd-Extra, Otto-Normal-Smartphoner wird es nie im Leben brauchen und gäbe es diese nicht, ich würde sie nicht vermissen.
Eine echte Besonderheit ist das kleine Display auf der Rückseite, das alle Funktionen de großen Displays hat. Mit einem Doppeltipper wird es aufgeweckt und zeigt die Uhrzeit. Da es ein Touchdisplay ist darf man natürlich rumwischen und zwischen verschiedenen Funktionen wählen wie Mediaplayer-Steuerung oder zur Steuerung der Kamera mit Selfview. So kann man Selfies auch mit der guten Hauptkamera machen. Es lassen sich auch Apps wählen, die man auf dem kleinen Display nutzen möchte. Macht oft keinen Sinn, weil es einfach zu klein ist, aber bestimmte Sachen funktionieren und wer will, kann darauf auch zocken. Ich will mir mal einen Homescreen für Homeassistant basteln der da angezeigt werden soll.
Ach ja, ein UKW-Radio ist auch noch drin. Aber das bauen die Chinesen ja in so ziemlich alles ein was einen Akku hat. Wird wohl nie jemand nutzen und UKW ist so gut wie tot.
Jetzt aber zum Highlight des Geräts und einer der besten Erfindungen im Smartphone-Bereich von Blackberry: die beleuchtete Touch-Tastatur. Diese wurde fast 1:1 im Titan 2 übernommen, d.h. die Tastatur ist berührungsempfindlich und erlaubt spezielle Funktionen wie bei einem Touchpad am Laptop. Ich scrolle damit durch Webseiten ohne den Finger aufs Display legen zu müssen oder steuere den Cursor durch Texte. Schön, dass auch daran gedacht wurde die Scrollrichtung anzupassen wenn man den Titan 2 quer hält, also die Tastatur z.B. rechts ist.
Was der Blackberry Key (der nach dem Q10 mit Android kam) hatte: man konnte auf der Tastatur auch Worte zusammenwischen, das funktioniert auf dem Titan 2 (noch?!) nicht. Für mich wäre das ein nettes Extra, aber wenn ich Worte zusammenwischen wollte, könnte ich auch bei einem normalen Display-only-Smartphone bleiben.
Mir geht es bei der Hardware-Tastatur auch nicht darum, schneller zu schreiben, das dürfte auch nicht klappen. Auf Display-only-Smartphones wische ich Wörter, das geht schon sehr schnell. Will ich aber spezielle Wörter, z.B. in einer Shell oder ähnlichem schreiben, dann klappt das mit der Tastatur des Titan 2 viel besser. Und genau für solche Nutzung ist das Gerät perfekt.
Etwas gewöhnungsbedürftig ist die Tastenbelegung weil diese ein QWERTY-Layout hat (mit deutscher Belegung, Y ist also Z, aber ich habe öfter mit englischen Tastatur-Layouts zu tun und die Umstellung fällt mir leicht). Umlaute erreicht man, wie bei Blackberry auch, indem man die entsprechende Taste kurz festhält, also A für ein Ä.
Ansonsten wurde der Tastatur im Gegensatz zum Passport noch eine weitere Reihe spendiert mit der Sonderzeichen einfacher getippt werden können oder man die üblichen Android-Funktionen wie Zurück schnell aufrufen kann. Die üblichen Android-Gesten funktionieren natürlich auch.
Noch ein Highlight der Tastatur: man kann jeder Taste eine App zuweisen. Mails? M festhalten. Reddit? R. Signal? S. Kein rumgewische, mit Fingerabdruck den Titan entsperren, Taste drücken, da. Zusätzlich bietet das Gerät noch zwei frei belegbare Tasten an der linken Seite.
Wie schon geschrieben, sind meine Anforderungen an ein Smartphone ziemlich pragmatisch und dazu gehört neben genug Speicher auch ein Akku der auch bei ausgiebiger Nutzung einen Tag durchhält. Das Titan 2 hat einen 5050 mAh Akku und bisher habe ich es trotz intensiver Nutzung nicht geschafft, den Akku vor dem Abend leer zu saugen. Bei sparsamer Nutzung sind auch zwei Tage Nutzung drin. Und geladen ist der Akku in etwa 1,5 Stunden, mit dem passenden und mitgelieferten 33Watt-Netzteil. Es gibt kein kabelloses Laden.
Die Kameras des Titan 2? Da muss ich auf Tests in diesem Internet verweisen. Im Gegensatz zu gefühlt 107% der Smartphone-User die bereit sind, einen vierstelligen Betrag hauptsächlich für die Kamera auszugeben, ist mir die Qualität der Kameras ziemlich egal. Die meisten Fotos sind eh auf die Schnelle geknipst, die Standardeinstellungen sind oft Quark und Situationen, in denen man diese eine Kamera-Hype-Funktion braucht, sind eher selten. Und wenn wir uns meine Nichte auf Videos vom Treo 680 ansehen, dann lachen wir uns auch heute noch schief, weil der Inhalt zählt. IMHO!
Die Leistung des Octa-Core-Prozessors reicht dicke für alles. Außer zum Zocken anspruchsvollerer Spiele (erzählt man sich so in diesem Internet). Aber da bin ich eh raus und wer würde so ein Tastatur-Klotz-Handy auch zum Zocken nutzen? Bis jetzt hatte ich aber keinen Moment in dem ich dachte, das könnte jetzt flotter gehen oder dass mir ein Ruckeln aufgefallen wäre.
Beachtlich ist der Lieferumfang. Wo viele Hersteller inzwischen sparen wo sie können und ihr (überteuertes?!) Marken-Smartphone am Liebsten in einer Plastiktüte ohne alles liefern würden, packt Unihertz Ladekabel, Netzteil, Displayschutz, Hülle und einen USB-C-Klinke-Adapter mit.
Mal ein paar Worte zu Unihertz, die bei Nutzern ausgefallenerer Smartphones halbwegs bekannt sind: mal abgesehen, von der problemlosen Kickstarter-Abwicklung und des Versands des Gerätes im angekündigten Zeitrahmen habe ich sehr gute Erfahrung mit dem Support gemacht. Bei Ankunft des Titan 2 hatte ich immer wieder einen Ghost-Typing-Effekt, es wurden einfach irgendwelche Funktionen auf dem Display aufgerufen und das Gerät war unbenutzbar, man konnte es dann nur schnell ausschalten. Nachfragen bei Reddit oder so halfen leider nicht weiter, obwohl das ein bekanntes Problem war und noch direkt bei Auslieferung von Unihertz behoben wurde. Nur konnte ich das nötige Update nicht installieren, es kam immer ein Verbindungsfehler. Also den Support von Unihertz angeschrieben und innerhalb von 36 Stunden war alles geklärt. Einmal hat die Antwort auf eine Mail nicht mal 30 Minuten gedauert und es kam keine einzige Textblock-Antwort. Da können sich viele andere Hardware-Hersteller ruhig mal was abgucken.
Was halte ich also jetzt vom Titan 2?
Es ist für mich das beste Tastatur-Gerät seit… dem letzten Blackberry. Smartphones sind bei mir schon ewig Gehirn- und Laptop-Ersatz die bei mir so ziemlich alles können müssen und das schafft der Titan 2 ziemlich entspannt und erlaubt mir noch ein paar nerdige Spielereien, z.B. mit dem Infrarot-Port oder dem zweiten Display. Der große Speicher und Akku sorgen dafür, dass ich auch ohne Fummelei das tun kann, was ich tun will.
Die Community erwacht auch gerade zum Titan 2 und es werden erste Erfahrungen und Tipps gepostet. Interessant finde ich gerade die Entwicklung bei den Launchern die über Blackberry bis zu Windows 10 reichen. Es wird gerade spannend um den Titan 2.
Es ist aber auf jeden Fall ein Nischengerät und der Otto-Normal-Smartphoner wird damit nicht viel anfangen können.
LINKS:
Youtube: Unihertz Titan 2 eingerichtet! Mein erster Eindruck & Review nach dem Unboxing von Matthias Wilkens
Youtube: Unihertz Titan 2: Das ist KEIN Blackberry! von china-gadgets.de




